221b Baker Street – diese Londoner Adresse ist den Sherlock Holmes Fans fast so geläufig wie ihre eigene. Doch warum in die Ferne schweifen? Anfang Dezember kommt der berühmte Detektiv nach Bamberg, um eine rätselhafte Mordserie aufzuklären. Was euch dabei erwartet, seht ihr in diesem Trailer.
Wir haben mit Ulrich Spies, dem Autor des Theaterstücks „Sherlock Holmes und die Hexe von Bamberg“, bereits vorab über seine Lieblingsszene, Laien auf der Bühne und Fluch und Segen der Ikone gesprochen.
Herr Spies, das Stück war Ihre Idee. Wie kommt Sherlock Holmes nach Bamberg? Warum gerade er?
Ursprünglich wollte ich ein Theaterstück für Bamberg machen, weil ich hier studiert habe und die Stadt einfach sehr mag. Wenn ich hier durch die Gassen gehe und es neblig ist, stelle ich mir oft vor, dass eine Kutsche aus dem 19. Jahrhundert daherkommt. Es passt einfach zur Atmosphäre der Stadt. Das ist eine historische Kulisse, die ich toll finde und die man so auch nicht in vielen Städten hat. Und ich bin sehr großer Krimi-Fan, speziell Sherlock Holmes Fan. Ich hätte mir eine Figur ausdenken können, aber ich wollte lieber jemanden Berühmtes nach Bamberg bringen, um das Ganze noch mehr strahlen zu lassen. Ich selbst mag die Sherlock Holmes Geschichten, die nicht in London spielen, am liebsten, zum Beispiel der Hund von Baskerville. Und jetzt agiert er im Ausland, wo die Sprache und die Kultur anders sind. Wir wollten den Krimi auch nicht in der Jetztzeit spielen lassen, für mich als Autor war es spannend, Bamberg im 19. Jahrhundert zu erleben.
Sie sagen, Sie haben hier studiert. Dann haben Sie ja auch einen ganz besonderen Bezug zu Bamberg.
Genau, inzwischen lebe ich in Hirschaid und arbeite in Bamberg; ich habe hier Spielwerk als Schauspielvereinigung gegründet. Es gibt ja immer mehr Laientheater, die mit Profis zusammenarbeiten. Ich fände es schön, wenn sich sowas auch in Bamberg etablieren würde.
Ihr Ensemble ist ebenfalls aus Profis und Laien zusammengesetzt. Wie gestaltet sich diese Zusammenarbeit?
Manchmal kann der Zuschauer schon erahnen, wer Profi und wer Laie ist. Ich wollte auch Leuten eine Chance geben, die zum ersten Mal auf die Bühne möchten. Wir hatten eine Audition unter den Bambergern, da sind viele Studierende gekommen, aber eben auch die Bedienung, die mir zu Beginn meines Studiums mein erstes Schäuferla gebracht hat. Es ist einfach schön, eine bunte Mischung aus jung und alt, aus erfahren und unerfahren zu haben. Laien gehen manchmal vorurteilsfreier an Dinge heran. Oft sind sie offener für neue Vorschläge als Profis, die selbst wissen, wie es geht. Beim Theater können Leute viel mitnehmen, zum Beispiel für ihr Selbstbewusstsein. Wichtig ist, dass das Gruppenklima stimmt. Das große Problem ist, dass das Theaterspielen dann mit dem Studium oder dem Job vereinbar sein muss.
Welche modernen Inspirationen spielen für das Stück eine Rolle?
Wir wollten kein altes, verstaubtes Stück. Die Sehgewohnheiten haben sich verändert. Dr. House ist zum Beispiel auch eine Sherlock Holmes Figur – diese nihilistische Art, dieses Freche und dieses Unmoralische. Wir haben uns überall ein paar Inspirationen geholt, wollten uns nicht nur auf den Urstoff von Arthur Conan Doyle begrenzen und natürlich auch kein Plagiat zur Sherlock-Serie entwerfen. Wir wollten trotzdem etwas Originelles schaffen. Das gelingt vor allem, wenn man ganz andere Einflüsse mit einbezieht, die vielleicht auch nicht nur von Krimis kommen. Wir haben unter anderem Ehedramen angeschaut, um uns für die Figuren inspirieren zu lassen, oder den geschichtlichen Hexenplot berücksichtigt.
Sherlock Holmes besitzt eine riesige Fangemeinde. Das birgt Chancen, aber auch Risiken, zum Beispiel, dass jemand sich das Stück ganz anders vorstellt, als es eigentlich ist. Wie sind Sie damit umgegangen?
Die Liebe zur Figur war uns sehr wichtig.
Daher haben wir auch mit der deutschen Sherlock Holmes Gesellschaft zusammengearbeitet. Aber klar, wenn jemand jetzt Benedict Cumberbatch, den Star der neuen Serie, erwartet, können wir das nicht erfüllen. Der hatte leider keine Zeit. (lacht). Nein, ich denke, es ist immer wichtig für eine Gruppe, eine gewisse Freiheit zu haben, selber Sachen zu schaffen. Es hindert die Kreativität, wenn man auf reine Imitation geht. Wir wollen die Figur schätzen und alle Einflüsse wahrnehmen, aber am Schluss dann doch zu etwas Neuem kommen.
Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit der deutschen Sherlock Holmes Gesellschaft?
Wir haben vor allem Feedback zu verschiedenen Stadien der Textversion bekommen. Da kamen dann auch Bemerkungen wie „Der Gag ist total witzig, aber die Person ist zu diesem Zeitpunkt schon tot.“ Außerdem haben sie darauf geachtet, dass die Figur gewahrt wird und wir nicht total gegen den Kanon gehen.
Was ist Ihre Lieblingsszene?
Oh, da gibt es viele, und ich darf ja nichts verraten. Lustigerweise mag ich die erste Szene sehr gerne. Die spielt im Mittelalter, noch ganz ohne Sherlock Holmes, und zeigt den Ursprung des Hexenfluchs. Das ist eine sehr schöne Szene. Eine andere sehr tolle Szene ist, wenn Sherlock Holmes zu Watsons großem Schrecken Heroin nimmt, was damals als Medikament verkauft wurde. Es war auch kurzzeitig in Bamberger Apotheken erhältlich.
Wie viel Zeit verging von der Idee bis zur Premiere?
Ein Dreivierteljahr. Das ist für mich relativ viel. Aber das Schöne war, dass wir den Text anpassen konnten, wenn sich eine Figur in eine andere Richtung entwickelt hat. Diese Flexibilität hat man nicht oft, aber da wir das Stück selbst geschrieben hatten, waren wir da sehr frei.
Was waren Tiefpunkte auf diesem Weg, was besondere Highlights?
Wirkliche Tiefpunkte gab es eigentlich nicht, weil die Energie im Team sehr positiv war. Klar gibt es immer mal unvorhergesehene Schwierigkeiten. Aber in der Gruppe ist eine große Begeisterung zu spüren und auch von Sponsorenseite haben wir viel Unterstützung erhalten, beispielsweise für den Probenraum. Und ein besonders schöner Moment war kürzlich, als wir eine Szene geprobt haben, die davor noch nicht oft geübt wurde. Die Szene lief auf Anhieb gut. Jeder hat irgendwie gespürt:
Wir sind bereit und das wird etwas Großes.
Das Kostüm war da, die Rollen waren da. Alles hat irgendwie gepasst. Spannend, witzig, toll.
Wird das Stück auch in anderen Städten zu sehen sein?
Wir haben Anfragen aus Nürnberg, Erlangen und Bad Kissingen, aber wir wissen noch nicht, ob wir das machen können. Bei großem Ansturm könnte es auch mehr Aufführungen in Bamberg geben. Aber das kommt wirklich darauf an.
Vielen Dank für das Gespräch und Toi toi toi für die Premiere!
Wenn ihr das Stück erleben wollt, habt ihr dazu jeweils am 3., 4. und 5. Dezember 2015 um 19:30 Uhr Gelegenheit. Tickets gibt es beim bvd Kartenservice, Lange Str. 39/41, 96047 Bamberg oder online. Ticket Hotline: (0951) 9 80 82-20
Preis: 14 € | ermäßigt 9,50 €
Bild: Spielwerk Bamberg