Nach der Slam Symphony ist vor der Slam Symphony

20. November 2015Gast

Hallo, ich bin Tina und studiere hier in Bamberg. Letzten Samstagnachmittag bin ich mit meiner Freundin Lisa auf dem Bamberger Wochenmarkt rumgeschlendert. Warum? Na ja, da findet man immer was Leckeres, natürlich aus regionalem Anbau, aber viel wichtiger: Es ist ein guter Ort, um Bekannte oder auch neue Leute zu treffen. Und da fing es auch gleich an, das erste bekannte Gesicht kam uns entgegen.

„Hey Nils! Na, alles klar bei dir?“, rief ich ihm freundlich entgegen.

Er wirkte etwas hektisch und wohl in Eile und entgegnete nur kurz: „Oh, hey ihr beiden! Sorry, aber ich habe… ich bin gerade schon super spät dran…sorry. Aber seid ihr heute Abend bei der Slam Symphony dabei?" Während er uns das erzählte, stürmte er auch schon an uns vorbei und lief weiter, aber noch zu uns gedreht: „Würde mich super freuen, wenn ihr auch kommen könntet!“ Noch ehe eine von uns beiden irgendetwas dazu beitragen konnte, verschwand er auch schon wieder in die nächste Gasse.

„Hä, was? Wie? – Was meinte er jetzt?“, fragte mich Lisa sichtlich verwirrt und leicht überfordert.

Ich brauchte aber auch erst mal einen Moment, um meine Gedanken zu ordnen. „Ich glaube, er hat irgendwas von Slam Symphony heute Abend erzählt…“

„Was ist denn bitte eine Slam Symphony???“,

 

fragte sie mich irritiert.

„Ähm, keine Ahnung, hab ich auch noch nie gehört“, entgegnete ich ihr ratlos. Nach einer kurzen Pause fiel mir aber wieder ein: „In der Uni wird uns doch immer erzählt, falls man das Wort nicht kennt, kann man ja trotzdem versuchen es sich zu erschließen… Also da wäre zuerst das Wort Slam.“

„Oh, ja das kenne ich sogar, „to slam“ kommt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie „verreißen“, „scharf/hart kritisieren“ oder auch „to slam sb.“ Das bedeutet „jemanden herunterputzen.“"

„Wow, krass, woher weißt du denn sowas?“, fragte ich beeindruckt und erstaunt zugleich.

„Na ja, sowas weiß man eben“, sagte sie etwas gespielt arrogant, wobei sie ihren Stolz dahinter nicht wirklich verbergen konnte. „Aber jetzt mal weiter im Text… Viel weiter sind wir jetzt noch nicht damit gekommen, oder?“

„Doch, schon! Jetzt wissen wir immerhin schon mehr als am Anfang“, stichelte ich sie etwas belehrend zurück. „Aber da fällt mir ein: „Poetry Slam“, da ist doch auch das „Slam“ drin, vielleicht hat das ja auch was damit zu tun?“

„Oh ja! Poetry Slam ist immer cool! Ich weiß noch früher im Morph mit Bube, Dame, Ritter… Ach, das waren noch Zeiten!“, seufzte sie.

„Das stimmt!“, stieg ich in den Seufzer mit ein.

Kurz in Erinnerungen schwelgend kam mir aber die Idee:

„So jetzt haben wir aber genug die grauen Zellen angestrengt, denn wir dürfen doch nicht vergessen, dass wir immerhin die Technik-Generation sind.“ Und um solche Gruppenklischees zu verstärken – nein, wir haben doch nicht zuvor schon gezeigt, dass wir auch ganz anders können ;) – holte ich erst mal mein Smartphone raus. Und tippte „Slam Symphony“ und „Bamberg“ bei einer Suchmaschine ein.

„Und? Was ist das denn nun? Sag mal!“, fragte Lisa mich ungeduldig und trabte hinter mir auf und ab, um auch mal einen Blick auf den Bildschirm zu erhaschen.

„Ja, jetzt warte doch mal kurz“, erwiderte ich etwas schroff und drehte mich so weg, dass nur ich auf das Handy schauen konnte. Nach einem tiefen Atemzug fuhr ich fort: „Also heute Abend in der Konzerthalle findet die Slam Symphony statt. Bei einer Slam Symphony passen die vortragenden SlammerInnen ihre Texte an einen selbstausgewählten musikalischen Satz des Stückes an, welches an diesem Abend gespielt wird. Zuerst wird der Satz kurz angespielt und darauf folgt dann der Vortrag eines Slammers. Im Anschluß an alle Vorträge wird das Stück in seiner Gesamtheit noch mal gespielt.“

„Oiihh, das klingt aber interessant! Wer tritt denn da alles auf?“

„Es werden folgende Slammer performen: Max Kennel, Bumillo und Dalibor Markovič.“

„Okay, vielleicht ne blöde Frage, aber spielen dann die Bamberger Symphoniker dazu?“

„Hmm, ja warte… ja genau! Die spielen das Ganze. Heute Abend geht es dabei um das Stück „Symphonie fantastique“ von Hector Berlioz. Geleitet vom Dirigenten Jakub Hrůša.“

„Ist das schlimm, wenn mir das jetzt nichts sagt?“, fragte Lisa ein bisschen schüchtern.

„Nein, das ist überhaupt nicht schlimm! Ich glaub der Moderator, der den Slammern und dem Dirigenten das Startsignal gibt, erzählt bestimmt auch noch kurz etwas über das Stück selbst und den Hintergrund.“

„Hmm…achso, kennst du den denn?“

„Ja, damit hab ich mich letztens zufällig erst beschäftigt.“

„Dann leg mal los!“

„Aber bevor ich das mache, sollten wir uns schon mal auf die Socken machen!"

„Oh, wieso, wann fängt das denn an?“

„Um 19 Uhr, aber wir sollten noch eben nach Hause gehen, uns umziehen und ein wenig zurechtmachen, immerhin ist es ja nicht nur ein Poetry Slam, sondern auch ein Konzert.“

„Ja, das stimmt, da hast du vollkommen Recht! Dann kannst du ja aber dabei weitererzählen!“

„Na gut, also wie in fast jedem Stück, ist ja heute auch nicht viel anders, geht es um Liebe, wie man sie gewinnen kann und natürlich auch um Herzschmerz. Alles fing damit an dass Hector, der Komponist, sich – wie das immer so ist – natürlich unsterblich in eine Frau verliebte.“

„Und wurden sie ein glückliches Paar?“

„Vorerst nicht, denn sie zeigte überhaupt kein Interesse an ihm.“

„Und was machte er dann? Wie eroberte er ihr Herz?“

„Er schrieb eben dieses Stück, oder besser gesagt diese Symphonische Dichtung „Symphonie fantastique“, in der es inhaltlich um einen Mann geht, der vor Liebe blind ist und ähnlich wie Hector auf keine Erwiderung der Liebe stößt.“

„Und endet es so wundervoll romantisch und traumhaft wie in einem Liebesfilm?“, fragte sie und schaute mich mit strahlendem, verträumten Blick an.

„Ne, eigentlich viel besser“, entgegnete ich ihr fast euphorisch: „Denn er wurde total in den unerwiderten Liebeswahn gezogen, in dem ihn Albträume verfolgten und ihn in den selbsteingebildeten Tod rissen. Von dem Schafott, an dem er sein Leben ließ, über sein Begräbnis und abschließend dazu der Hexensabbat.“

„…“

„Was ist denn los mit dir, hat es DIR jetzt etwa auch mal die Sprache verschlagen?“, fragte ich etwas stichelnd.

„Hm, ja, irgendwie schon… Aber warum zum Teufel soll das besser sein als eine schöne Liebesgeschichte?“, rief sie empört heraus.

„Na ja, das ist ja mal ein Ende, das man nicht unbedingt erwartet, und es ist Spannung enthalten!“

„Ach, du spinnst doch! Bei der Geschichte hat doch niemand seinen Spaß!“

„Doch, eigentlich schon, durch seinem Tod ist auch seinem Leiden endlich ein Ende gesetzt. Außerdem hatten die Hexen und Hexer auf dem Hexensabbat bestimmt auch mega viel Spaß!“, fügte ich noch schnell und provozierend dazu.

„Tinaaa, das ist doch jetzt nicht wirklich dein ERNST, oder?“, fragte Lisa mich total empört.

„Haha, nein! Keine Sorge, du weißt doch, ich mag es nur einfach gerne, dich zu ärgern. Aber schau! Wir sind schon an der Konzerthalle angekommen, schick angezogen und bestens vorbereitet sind wir ja auch, oder was meinst du?“

„Ja, sieht ganz so aus! Super, es geht demnächst auch schon los, lass uns also reingehen, Nils wartet drinnen bestimmt schon auf uns!“

"Und was machen wir mit dem Rest?"

"Welchem Rest?"

"Na, mit unseren ganzen Zuhörern und Lesern, die uns jetzt schon den ganzen Tag begleiten..                                                                                                    

Ja, genau DICH meine ich! Ach so, du hattest jetzt gar keine Karte dafür? Das ist natürlich doof, die sind nämlich immer super schnell weg, aber weißt du was? Hast DU auch bei der nächsten Slam Symphony Zeit? Dann komm doch einfach nächstes Mal mit uns mit, das wird ein mega Spaß!"

(Text: Tina Tiedemann, Bild: Matthias Krug)