Ein lauer Sommerabend und ein Theaterstück, welches trotz seines fast 350 Jahre alten Stoffs definitiv in unsere heutige Zeit passt: Das erwartet euch bei den diesjährigen Calderón-Spielen des ETA-Hoffmann-Theaters in der Alten Hofhaltung.
Das Stück basiert auf dem bereits 1668 erschienenen gleichnamigen Schelmenroman von Grimmelshausen und spielt zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. In der aktuellen Bearbeitung von Tobias Goldfarb begleitet man einen einfachen Bauernjungen, welcher aufgrund seiner Naivität später Simplicius Simplicissimus getauft wird, auf seinem Weg durch die Irrungen und Wirrungen der Gesellschaft, welche tief geprägt vom Kriegsalltag ist. Abgeschottet von allen menschlichen Einflüssen wächst Simplicius bei einer Bauernfamilie auf. Bedroht von plündernden Soldaten muss der Junge fliehen und wird von einem Einsiedler aufgenommen. Der gebildete Einsiedler prägt deutlich Simplicius' Einstellung und Werte und erzieht ihn zu einem gottesgläubigen, frommen jungen Mann. Nach dem Tod des Einsiedlers wird Simplicius an den Hof der Obristin verschleppt, wo er als Narr dienen soll, bevor er diesem Schicksal entkommen kann. Im Verlauf seines weiteren Lebensweges muss sich Simplicius unweigerlich mit dem Krieg auseinandersetzen, wobei seine anfängliche Naivität diesbezüglich ihn scheinbar nicht zu einem weniger erfolgreichen Soldaten macht. So sieht sich das Publikum plötzlich mit einem erfolgreichen „Jäger von Soest“ konfrontiert, der mit den Moralvorstellungen und der Einfachheit des jungen Simplicius nur noch wenig zu tun hat.
Besonders im Kontrast zu der aufgeklärten Edeldame Johanna Herzbruder, die Simplicius in verschiedenen Stationen seines Lebens als Vertraute zu schätzen weiß, wird die Frage nach der Identität der Hauptfigur deutlich.
Nicht nur wegen der auch heute noch allgegenwärtigen Thematik des Krieges, sondern auch durch die moderne Bearbeitung von Tobias Goldfarb passt der Roman gut in unsere Zeit. Einige Anspielungen auf moderne Popkultur und zeitgenössische Elemente der Bühnenkulisse, wie Graffitis und Metallkonstruktionen, machen die Übertragbarkeit des Stoffes auf die heutige Zeit greifbarer.
Besonders der Hauptdarsteller Bertram Maxim Gärtner überzeugt in seinem Wandel von einem naiven Bauernjungen, der von der verlogenen, verrohten Welt überrollt wird und sich ihr schließlich anpasst, um in ihr zu bestehen. „Recht haben diejenigen, die Geld für Gott halten“, spricht jener Simplicius dann aus, welcher noch zu Beginn tief in dem vom Einsiedler vorgelebten Gottesglauben verwurzelt war.
Weitere Termine: 13.07., 14.07., 15.07., 16.07., 17.07., 19.07., 21.07., 22.07. und 23.07.2016
Bildnachweis: Martin Kaufhold