Französische Revolution in den Haas Sälen

25. April 2018 - Enya Assmann

Am 17. April feierte „Dantons Tod“ von Georg Büchner in der Inszenierung von Kristina Greif und Daniel Reichelt Premiere in den Haas Sälen. Kultur statt Party – eine kleine Bühne mit einer großen Inszenierung.

Auch fünf Jahre nach dem Sturm auf die Bastille ist Frankreich noch nicht zur Ruhe gekommen. Die Köpfe rollen, während die Rufe nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit noch in den Gassen hallen. Dem „Tugendterror“ von Robespierre und seinen Jakobinern stellt sich Danton entgegen. Einst noch als Justizminister verantwortlich für die „Septembermorde“ an unschuldigen Gefangenen sucht er jetzt ein Leben im Privaten und setzt sich für eine weniger radikale Politik ein. Dadurch, dass er sich gegen den gesellschaftlichen Mainstream stellt, riskiert er sein Todesurteil (Wildwuchs Theater).

„Die Revolution ist wie Saturn, sie frisst ihre eigenen Kinder.“

Die französische Revolution auf die kleine Bühne in den Haas Sälen zu bringen - keine leichte Aufgabe. Die Regisseure Kristina Greif und Daniel Reichelt arbeiten mit einer modernen Form des Kasperletheaters. Die Bühne wird längs durch einen weißen, halbhohen Vorhang abgetrennt, unter dem die Darsteller für ihre einzelnen Szenen hervortreten. Zu Beginn des Stückes diskutieren die Darsteller darüber, wann das Stück denn nun endlich los geht, ob Robespierre schon auf die Bühne gehen soll und ob auch viele Leute da sind. Dieser anfängliche Bruch mit dem eigentlichen Stück schafft eine frische und aufgeweckte Inszenierung mit einigen humoristischen Elementen.

„Wir haben den Krieg und die Guillotine.“

Auch die Darstellung des französischen Volkes ist simpel und dennoch wirksam. Hin und her gerissen zwischen Hunger und politischem Umsturz wird dieses durch fünf weiße Puppen dargestellt, deren unterschiedliche Gesichtsausdrücke mit Tape aufgeklebt werden. Ein simples szenisches Mittel mit großer Wirkung, dass die Zerrissenheit innerhalb des Volkes und die Meinungsumschwünge symbolisiert. Die Einfachheit der Sprache des Volkes, die beiläufigen Kommentare zum aktuellen politischen Geschehen sorgen nicht nur einmal für Lacher im Publikum.

Danton selbst (Sebastian Stahl) ist eine lustlose, von seinen eigenen Taten zerschmetterte Figur, die im Kontrast zu dem revolutionsbegeisterten Camille (Florian Berndt) matt und erschüttert wirkt. Camille versucht Danton immer wieder an den Geist der Revolution zu erinnern, neue Staatsentwürfe zu vertiefen, doch scheitert an dessen Trägheit. Als die beiden verhaftet und wegen Hochverrates angeklagt werden, vertieft sich das nihilistische Weltbild von Danton, geprägt durch seine Verwicklungen in die Septembermorde.
Doch auch sein Gegner Robespierre (Frank Fröba), unterstützt von St. Just (Elena Weber) ist bei dem Volk hoch angesehen und lebt seine Moralität offen aus. Ihm gelingt es durch eine ruhige und intensive Gesprächsführung, das Volk auf seine Seite zu ziehen. Dabei beeindruckt insbesondere Elena Weber, die in dem Stück neben St. Just mehrere Rollen übernimmt, durch ihre unbändige Energie, ihre Balance zwischen Komik und Tragik und ihre stimmlichen Präsenz. Eine talentierte Schauspielerin, die durch die Herausforderung, mehrere Rollen zu verkörpern, geradezu aufzublühen scheint.

„Das Gewissen ist wie ein Affe, der sich im Spiegel quält.“

Durch Gespräche mit Camille im Gefängnis fängt Dantons Revolutionsgedanke schließlich doch erneut Feuer und er hält vor dem Ausschuss eine Rede, in der er sich auf die Werte Wahrheit und Gerechtigkeit bezieht. Doch auch dieses letzte Plädoyer kann ihn nicht retten und so werden er und Camille hingerichtet, vor dem weißen Vorhang, mit weißen Hauben auf dem Kopf, während auf ihre Körper eine Naturfilmszene projiziert wird, in der ein Rackelhahn einen anderen unfruchtbaren Hahn totschlägt.

Generell gelingt es der Inszenierung von Kristina Greif und Daniel Reichelt, eine gesunde Mischung aus Dialogen des Originaltextes und modernen, humoristischen Mitteln zu finden, die das Publikum mitnehmen und für eine angenehme Stimmung im Saal sorgen. Das Wildwuchs Theater überzeugt erneut mit einer mitreißenden, lustigen und anspruchsvollen Inszenierung. Ein wunderbarer Auftakt in den Theatersommer.

 

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