Vortrag in Bamberg über die Ultraorthodoxen und das Militär in Israel

23. Oktober 2014Carolin Fügener

Das Israel ein Land der Gegensätze und unterschiedlichsten Strömungen ist, ist keine Neuigkeit. Tel Aviv hat einen Strand, welcher in der Schwulen und Lesbenszene beliebt ist – dieser grenzt direkt an ultraorthodoxes Gebiet, vor knapp drei Jahren schwappten auch nach Deutschlang Zeitungberichte über die orthodoxen Buslinien in Jerusalem mit getrennten Plätzen für Männer und Frauen und nun sorgt die Einberufungspolitik des Militärs für Aufregung in Israel.

Der Journalist und Autor, welcher am 20.Oktober von der Hochschulgruppe Café Israel in Kooperation mit dem Lehrstuhl der Judaistik und dem Jüdischen Lehrhaus in der Universität Bamberg geladen war hatte sich in den letzten Jahren auf die orthodoxen in Israel spezialisiert. Igal Avidan wurde selber in Tel Aviv geboren und lebt heute in Berlin, als Journalist arbeitet er sowohl für Israelische Zeitungen wie auch für deutsche Medien.

Zurzeit gibt es einen ganz anderen Aspekt, welcher die israelische Öffentlichkeit bewegt: In Israel herrscht eine allgemeine Wehrpflicht. Alle Männer müssen drei und alle Frauen zwei Jahre nach Ihrer Schulzeit zum Militär gehen. Allerdings mit Ausnahmen: um die durch die Shoa stark dezimierten Religionsschule zu bewahren wurden 400 Religionsschüler in der Zeit der von der Wehrpflicht befreit. Dafür wurde von diesen religiösen Eliten erwartete, dass sie sich voll und ganz in ihrem Leben dem Studium der Thora gaben. Hier zeigte der Referent schon die ersten Problematiken, welche in der aktuellen Zeit auftraten: War es anfänglich eine religiöse Minderheit wurde die Ausnahmeregel mit der Zeit aufgeweicht. So betrifft es heutzutage ungefähr 8.000 Männer, Frauen können dem Militärdienst aus religiösen Gründen ohne größeren bürokratischen Akt verweigern.

Igal Avidan zeigte auf das sich die stark orthodoxen Gemeinschaften in sehr homogenen Nachbarschaften befinden. Es gibt eigene orthodoxe Zeitungen, super-koscheres Essen und spezielle Religionsschulen. Somit ist das Militär für die jungen Männer oft der einzige Weg, einen Kontakt zur nicht-orthodoxen Außenwelt zu bekommen. Stark orthodoxe Israelis, welche ihr Leben dem religiösen Studium widmen bekommen staatliche Unterstützung. Dafür müssen sie aber einen Nachweis über ihre Teilhabe in der Studierenden Gemeinde erbringen. Das bedeutet eine starke Abhängigkeit von den jeweiligen Religionsführern – wer studiert kann nicht Arbeiten und Geld verdienen, wer aussteigen möchte ist in der Regel nicht auf das Leben außerhalb der Religionsgemeinschaft vorbereitet(in manchen Gemeinden ist die Nutzung des Internets, Telefons und ähnlichem nicht üblich).

Der Israelische Staat hat mit einem kooperativen Ansatz auf die Situation gewirkt: Es gibt eine Einheit im Militär, welche auf die orthodoxen zugeschnitten ist. Es gibt ausschließlich Soldaten, Soldatinnen sind in dieser Einheit aus Rücksicht auf die Orthodoxen nicht vorhanden. Das Essen ist koscher, es gibt orthodoxe Rabbinen und die Soldaten sind verpflichtet zum Gottesdienst zu gehen. Allerdings gibt es hier auch Konfliktpunkte.

Seit einem Jahre gibt es nun eine neue Regierung in Israel: Eine rechts-mitte Koalition. Igal Avidan machte deutlich, dass an den Zugeständnissen, welche an die Jahrzehntelang gemacht wurden aus politischen Gründen festgehalten wurden. Nun ist allerdings keine orthodoxe Partei in der Regierung vertreten und so wurde eine Gesetzesänderung beschlossen. Von 2017 an sollen auch streng religiöse Juden wie alle anderen den Militärdienst absolvieren. Diese Vorlage hat starke Reaktionen in Israel ausgelöst. Laut Avidan haben mehr als 300.000 orthodoxe Juden gegen das angekündigte Gesetzt demonstriert. Die Zukunft bleibt spannend: bis 2017 ist es durchaus möglich, dass orthodoxe Juden wieder der Regierung angehören können und mit parlamentarischer politischer Macht sich gegen den Gesetzentwurf einbringen.

Die U2 war voll besetzt und es kam zu so vielen Nachfragen, dass irgendwann die Diskussion beendet werden musste damit es auch noch Zeit gab bei Wein und Gebäck die Diskussionen im kleinen Kreis weiterzuführen.