Das kleine, aber feine Literaturfestival Bamberg liest startete gestern mit einer Auftaktveranstaltung im ETA Hoffmann Theater, bei der auch der Bachmann-Preisträger Tex Rubinowitz aus seinem neuen Buch „Irma“ lesen sollte. Betonung liegt auf „sollte“. Denn wer hier einen normalen, etwas steifen Abend mit Autorenlesung erwartet hatte, wurde überrascht.
Zunächst ging es aber klassisch mit einigen Begrüßungsworten und Dankesreden los: So kamen Bambergs Zweiter Bürgermeister Dr. Christian Lange, der Chefdramaturg des Theaters Remsi Al Khalisi sowie Dr. Martin Beyer, Dozent an der Uni Bamberg und Mitorganisator von Bamberg liest, zu Wort. Sie sprachen über das fünfjährige Jubiläum des Literaturfestivals, das in diesem Jahr unter dem Motto „Standortbestimmung“ stattfindet, und die Stadt Bamberg als Ort der Buchkultur.
Für musikalische und visuelle Untermalung sorgte DJ Kermit, der eigens für diesen Anlass produzierte Videos präsentierte, in denen auch Texte aus Rubinowitz‘ Roman verarbeitet wurden. Apropos Rubinowitz. Als nach all den Einleitungsworten der eingeladene Autor zu Wort kam, war sein erster Satz:
„So steif war es nicht mal in Klagenfurt.“
womit er auf den Wettbewerb und die Verleihung des Ingeborg-Bachmann-Preises anspielte, den er 2014 gewann. (2015 tat dies übrigens Bambergs Direktorin der Villa Concordia Nora Gomringer!)
Also tat Tex Rubinowitz nicht das, was er laut Plan eigentlich sollte, nämlich lesen – „Ich lese nicht gerne. Ich kann nicht lesen.“ – sondern belustigte und unterhielt das Publikum mit Anekdoten und Witzen. So erzählte der Autor aus seinem Leben: Wie er als Jugendlicher mal mit dem Fahrrad von Lüneburg nach Bamberg gefahren ist, dass er unbedingt noch ein „Schinkenbrot-Bier“ (Rauchbier) trinken will und dass in Cocktail-Schirmchen kleine Zeitungsschnipsel-Botschaften aus Korea versteckt seien…
Manches Mal schüttelte man als Zuschauer den Kopf über den Mann, der sich selbst als Arschloch bezeichnet und offen zugibt, einen Dachschaden zu haben. Man zweifelte vielleicht auch ein wenig an einer möglichen ADHS-Erkrankung, unterhaltend war diese „Lesung“ aber allemal. Gelesen wurde dann tatsächlich auch noch. Der Autor selbst las eine kurze, amüsante Geschichte aus dem Buch vor und zwei Schauspieler des neuen Theater-Ensembles präsentierten ebenfalls eine Szene, die ein Gespräch beim Psychologen thematisierte.
Worum es in dem Buch „Irma“ nun eigentlich geht und ob man es sich anschaffen möchte, ist nach diesem Abend nicht geklärt. Beim anschließenden Gespräch zwischen Rubinowitz und Dr. Martin Beyer erhielt man aber doch noch einige ehrliche Einblicke, vor allem zum Thema Standortbestimmung. Das ist auch in der Biographie des Schriftstellers ein wiederkehrendes Motiv, da er viel herumreiste, keine richtige Heimat hat und sich andererseits sowohl in Japan, als auch Finnland heimisch fühlt. Es komme eben auf den innerlichen Standort an.
Bamberg liest hat jedenfalls eine ausgefallene Eröffnung geliefert, die wohl auch die Veranstalter so nicht erwartet hatten. Das Festival geht noch bis zum 26. November. Wer mehr zum weiteren Programm erfahren möchte, liest hier nach.
Bild: Hertha Hurnaus