Die Spielzeit 2021/22 am ETA Hoffmann Theater

ETA Hoffmann Theater_Spielzeit 2021/22

Die Spielzeit 2021/22 am ETA Hoffmann Theater

01. Juli 2021Anna Hench

Am 1. Juli 2021 haben Bambergs Kulturreferentin Ulrike Siebenhaar und das künstlerische Leitungsteam um Intendantin Sibylle Broll-Pape das Programm des ETA Hoffmann Theaters für die kommende Spielzeit 2021/22 bekannt gegeben. Mit dem Wechsel des bisherigen Chefdramaturgen Remsi Al Khalisi besteht die künstlerische Leitung ab diesem Herbst nebst der Intendantin aus den Dramaturginnen Victoria Weich und Petra Schiller.

Wichtig ist dem ETA vor allem eines: endlich WIEDER IM SPIEL sein. So ist auch das Spielzeitmotto der kommenden Saison zu verstehen, das weniger eine stringente dramaturgische Einheit als die Freude an den gespielten Stücken in den Fokus rückt. Einige Produktionen werden aus den letzten zwei Jahren über- bzw. wiederaufgenommen, aber auch im kommenden Jahr wird es 11 vielversprechende Neuproduktionen im Geiste des zeitgenössischen Selbstverständnis‘ des ETA geben.

Eröffnen wird die kommende Spielzeit am 8. Oktober 2021 Rainald Goetz‘ „Reich des Todes“, in einer Inszenierung der Intendantin für die Große Bühne. Ein hochaktuelles, gesellschaftspolitisches Stück um die grundsätzlichen Strukturen von Macht(-missbrauch), vorgeführt anhand des Wandels einer Demokratie in eine zerstörerische Autokratie. Die kleinere Studiobühne feiert zwei Tage später am 10. Oktober 2021 Spielzeitpremiere von Philipp Gärtners „Gold“ (Regie: Wilke Weermann), worin in einem zerstörerischen Goldklumpenregen der Spätkapitalismus untergeht.

Nachdem letztes Jahr das Weihnachtsmärchen „Herr Bello und das blaue Wunder“ des Bamberger Kinderbuchautors Paul Maar nicht zur Aufführung kommen konnte, ist für den 13. November 2021 ein zweiter Anlauf auf der großen Bühne geplant (Regie: Jana Vetten). Für das Studio hat der renommierte Schriftsteller Björn SC Deigner, mit dem das ETA eine erfolgsträchtige Zusammenarbeit pflegt, wieder ein Auftragswerk geschrieben, das am 19. November 2021 zur Uraufführung kommt: „Der endlos tippende Affe“ (Regie: Mirjam Loibl) verspricht ein ideologiekritisches Stück zum Sinn und Unsinn des Lebens, anhand des titelgebenden mathematischen Theorems des unendlich tippenden Affen.

Der in Bamberg bereits bekannte Regisseur Sebastian Schug wird am 26. November 2021 mit Eduardo de Filippos „Die Kunst der Komödie“ ein fulminantes Lustspiel über die Relevanz des Theaters auf die Große Bühne bringen, und das bereits für letztes Jahr angesetzte Stück „Gi3F (Gott ist 3 Frauen)“ von Miroslava Svolikova schafft es hoffentlich am 21. Januar 2022 ins Studio. Dieses Stück dürfte besonders Befürworterinnen der feministischen Bewegung zusagen (Regie: Jakob Weiß). Kurz darauf adaptiert Sibylle Broll-Pape am 28. Januar 2022 Olga Grjasnowas Roman „Gott ist nicht schüchtern“ in einer ETA-eigenen Theaterfassung für die Große Bühne.

Anlässlich des E.T.A.-Hoffmann-Jubiläumsjahres 2022 bringt das Stadttheater am 11. März 2022 eine Inszenierung des „Sandmanns“ (Regie: Hannes Weiler) im Studio heraus, den die meisten noch aus dem Deutschunterricht kennen werden. Außerdem kommt mit Heinrich von Kleists „Der zerbrochene Krug“ (Regie: Fabian Gerhardt) ein weiterer Schullektüre-Klassiker am 18. März 2022 auf die Große Bühne.

Den Spielzeitabschluss bilden wie immer die Calderón-Spiele ab 25. Juni 2022, wieder mit einem Shakespeare: „Romeo und Julia“ in der Regie von Matthias Köhler – die alten Fachwerk-Balkone in der Alten Hofhaltung sollen schließlich auch einmal wieder bespielt werden.

Ein ganz besonderes Highlight findet aber schon vorher im Mai 2022 statt: Die 38. Bayerischen Theatertage kommen nach Bamberg – und im Zuge dessen eine Neukonzeption des traditionsreichen Theatertreffens. Statt dass wie bisher alljährlich jedes bayerische Theater eine Produktion entsendet, wird nun alle zwei Jahre eine handverlesene Jury ein kuratiertes Festivalprogramm für die Theatertage zusammenstellen. Deshalb steht noch kein Programm für die 38. Ausgabe fest, aber das ETA arbeitet bereits eifrig daran, neue Spielräume in der Stadt für das Festival zu erschließen. Eröffnen wird die Bayerischen Theatertage ein Auftragswerk der renommierten Theaterautorin Theresia Walser, dessen Inhalt aber noch eine Überraschung ist. Prinzipiell folgt die aktuelle Planung der Vision einer fast normalen Spielsituation, die nicht nur Stücke hintereinander zeigen, sondern einer Festival-Atmosphäre mit Begegnungsmöglichkeiten und Feierlaune in der Stadt Rechnung tragen will.

Wir von Feki.de freuen uns auf jeden Fall auf die prall gefüllte, kommende Spielzeit!

Und noch ein Tipp: Das neue Spielzeitheft gibt es auch zum Download auf der Webseite des ETA Hoffmann Theaters.

Bildnachweis: 
Anna Hench

Bewusst flach geraten – Die Calderón-Festspiele 2021

28. Juni 2021 - Anna Hench

Es tut gut, endlich mal wieder Theater zu erleben, und die Kulisse der Alten Hofhaltung bei Sonnenuntergang unter freiem Himmel ist schon für sich genommen einen Besuch wert. Die Calderón-Spiele zeigen diesen Sommer mit Shakespeares meistgespielter Komödie „Was ihr wollt“ ein failsafe Lustspiel – nur leider ohne sehr viel Witz.

Dürfen wir vorstellen? Das ETA Hoffmann Theater

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Dürfen wir vorstellen? Das ETA Hoffmann Theater

07. Februar 2021Anna Hench

Im Rahmen unserer „Dürfen wir vorstellen?“-Reihe möchten wir euch auf unserer Website einen Einblick in verschiedene Kultureinrichtungen Bambergs geben. Weiter geht es mit dem ETA Hoffmann Theater Bamberg.

In einem Portfolio zur Kulturlandschaft Bambergs darf eine Institution auf keinen Fall fehlen: sein Stadttheater!

Das ETA Hoffmann Theater liegt am Schillerplatz mitten in der Stadt, nur ein paar Ecken von der Villa Concordia und einen Steinwurf vom ETA Hoffmann Haus entfernt. Die Bezeichnung Stadttheater trägt es deshalb, weil es als einzige Theaterinstitution Bambergs fest von der Stadt mitfinanziert wird; inoffiziell jedoch auch, weil es sich explizit als Theater für, in und mit der Stadt Bamberg versteht. Für seine Spielpläne und ausgewählte Inszenierungen wurde das ETA Hoffmann Theater in den letzten Jahren mit diversen Preisen und Einladungen zu renommierten Theaterfestivals ausgezeichnet. Alljährlich im Sommer richtet es außerdem die Calderón-Festspiele in der Alten Hofhaltung am Domberg aus, die sich bei Bürger*innen und Gästen gleichermaßen großer Beliebtheit erfreuen.

Das ETA Hoffmann Theater stellt in seinem Programm brisante Themen aus dem gesellschaftlichen und politischen Leben zur Diskussion, und fungiert als Treffpunkt für einen lebendigen, kulturellen Austausch zwischen den Institutionen, Künstler*innen und Bürger*innen der Stadt. Unter dem Motto „Kultur für alle“ lädt es nicht nur im Zuschauerraum zum Anschauen, Mitmachen und Diskutieren ein; neben den zwei Spielstätten im Theatergebäude bietet es ein diverses Rahmenprogramm mit Gastvorträgen externer Redner*innen zu verschiedensten Zeitgeistthemen, Kooperationen mit der Universität, literarischen Abenden von Ensemblemitgliedern in der TreffBAR des Theaters und vielem mehr. Ein umfassendes theaterpädagogisches Angebot öffnet das Theater darüber hinaus für Kinder, Jugendliche, Auszubildende und Studierende – eine Menge Wege führen ins ETA Hoffmann Theater!

Obwohl dem künstlerischen Betrieb aufgrund des anhaltenden Lockdowns in vielerlei Hinsicht die Hände gebunden sind, geht hinter den Kulissen das Tagesgeschäft weiter. Wie uns die Schauspielerin Marie-Paulina Schendel schriftlich mitteilte, wurde zuletzt „Der Stock“ von Mark Ravenhill geprobt, der ursprünglich am 4. Dezember 2020 Premiere feiern sollte. „Wir haben die Produktion trotzdem, so weit es ging, fertiggestellt und eine Art Geisterspiel ohne Publikum veranstaltet. Wie beim Fußball. Bloß ohne Übertragung ins Fernsehen.“

Worauf dürfen wir uns denn freuen, sobald das Theater wieder öffnet? „Auf laute, kluge, schöne, spannende, leise, traurige, lustige, ernste, bunte, inspirierende Abende! Erst im Zuschauersaal und danach in der TreffBAR, mit ganz viel Wein und guten Gesprächen. Hach, das wird herrlich!“

Hier findet ihr die Übersicht, welche Kultureinrichtungen wir bereits vorgestellt haben.

Die Fotos des Artikels entstammen der Aufführung "Der Stock" von Mark Ravenhill.

Bildnachweis: 
© ETA Hoffmann Theater; Bilder aus "Der Stock": Martin Kaufhold

Sozialkritik in Blassrosa

07. März 2020 - Anna Hench

Am Freitag, den 6. März feierte „Jugend ohne Gott“ von Ödön von Horváth am ETA Hoffmann-Theater Bamberg Premiere. Ein Werk, das wie kaum ein anderes gerade auf den deutschen Bühnen gespielt wird, und das aus gutem Grund.

Selbstmord als Geschäftsidee

Selbstmord als Geschäftsidee

21. Januar 2019Enya Assmann

Am 18. Januar 2019 feierte das ETA Hoffman Theater die Uraufführung des Stückes "Leere Herzen", nach dem gleichnamigen Roman der erfolgreichen deutschen Autorin Juli Zeh. Eine erschreckende Zukunftsvision, in der der Glaube an die Demokratie zusehends verschwindet.

"Deutschland 2025. Angela Merkel ist schlussendlich doch noch als Kanzlerin abgelöst worden, von der Besorgte-Bürger-Bewegung […] Britta leitet zusammen mit ihrem schwulen Freund Babak eine Agentur, die, getarnt als psychotherapeutische Praxis für suizidgefährdete Menschen, weltweit Selbstmordattentäter an Terrororganisationen vermittelt." (ETA Hoffmann Theater)

In der Eröffnungsszene befinden sich Britta (Ewa Rataj), ihr Ehemann (Daniel Seniuk) und ihre Tochter in ihrer hochgradig modernen Wohnküche, die aufgeräumt und ohne Ecken und Kanten eine beinahe klinische Sauberkeit ausstrahlt. Brittas beste Freundin Janina (brillant - Anna Döing) und deren Mann Kurt (Stefan Hermann) kommen gemeinsam mit ihrer Tochter zu Besuch. Es wird sich über die aktuellen Jobaussichten unterhalten und über das fünfte Effizienzpaket der BBB. Politischer Diskurs im bürgerlichen Rahmen.

Das Bühnenbild und die Kostüme von Martina Suchanek sind perfektionistisch real, das Brummen der Hightech Kaffeemaschine, die Granitarbeitsplatte. Oberflächliche Dialoge mit harmlosen Scherzen, die allen Menschen durchaus bekannt sind.

Im Grunde weiß ja auch niemand, wofür man den Föderalismus braucht.

Doch nach den Lachern der Eröffnungsszene gelingt es der Inszenierung nicht, den Zuschauer zu fesseln und auch die Dynamik zwischen den Schauspielern geht direkt verloren. So wirken Britta und ihr Ehemann steif und unemotional, besonders in den Szenen kleiner Zärtlichkeiten. Ewa Rataj passt rein optisch mit dem strengeren Haarschnitt bis zur Schulter und dem hochgeschlossenen Rollkragenpullover optimal in die Rolle der zynischen und intelligenten Britta Söldner. Allerdings hören mit der Optik auch die Gemeinsamkeiten auf. Es gelingt Rataj nicht die berechnende und kalte Britta zu porträtieren, sie bleibt monoton, einseitig, ohne charakterliche Tiefe und sorgt durch auffällig viele Versprecher ständig dafür, dass sowohl sie, als auch das Publikum aus der Illusion des Stückes gerissen werden.

Ihr Geschäftspartner und Computernerd Babak (Marcel Zuschlag) ist in seiner Darstellung ebenso oberflächlich und uneindringlich, weshalb die meisten Dialoge der beiden so viel Spannung haben, wie die Spielszenen der Kinder der Ehepaare. Nachdem ein Attentat auf einen Flughafen verübt wird, versuchen Britta und Babak herauszufinden, wer dafür verantwortlich ist und ob ihnen eine andere Firma Konkurrenz macht. Im Zuge ihrer Ermittlungen wirbeln sie immer mehr Staub auf und geraten zunehmend in einen Strudel aus Verfolgungswahn und Zukunftsangst. Ihr einziger Ausweg laut Babak: Die markante Julietta. Die erste Frau im Selbstmordprogramm.

Wir können nicht die Polizei rufen, wir sind nicht die Guten.

Allerdings bleibt die Darstellung der Julietta durch Anna Döing (in einer Doppelrolle) flach und monoton. Julietta, die im Roman als Sinnbild der Weiblichkeit mit hartem Charakter und noch härterem Todeswunsch porträtiert wird und Britta und Babak immer wieder an die Wand stellt, wird durch Döing eher wie ein gelangweilter Teenager interpretiert, der nicht viel mehr kann, als mit Schimpfworten um sich zu schmeißen.

Zwischen Britta, Babak und Julietta formt sich ein Team, welches sich gemeinsam der Herausforderung stellt, gegen eine neu formierte Selbstmordorganisation namens "Empty Hearts" zu bestehen. Zusätzlich zu dem Chaos und der Sorge um die eigene Geschäftsidee taucht im Haus von Britta auch noch der seltsame Unternehmer und Energielinienspürer Guido Hatz auf (Stefan Hermann). Leider wird dessen Verrücktheit und Eindringlichkeit durch seine Aufmachung im Stil einer Low-Budget Graf Dracula Kostümierung geschmälert und fällt damit aus dem Rahmen der sonst so perfekten oberen Mittelstandsdarstellung von Kostümbildnerin Martina Suchanek.

Des einzige Anker des Einsembles ist  Daniel Seniuk in der Rolle des Ehemannes von Britta. Es ist schade, dass die modern gestaltete Inszenierung von Daniela Kranz über wenig Spannung verfügt und trotz der kurzen Spielzeit etliche Längen hat, die allerdings nicht den Dialogen, sondern den Darstellern geschuldet sind.

Leere kann man nicht auskotzen. Leere muss man füllen.

Das ETA versucht am Zahn der Zeit zu bleiben und ist anderen Theatern mit dem Griff nach Juli Zeh um einiges voraus, allerdings scheitert die Inszenierung daran, die im Roman vorherrschenden Gefühle von Beklemmung und Zukunftsangst weiter wirken zu lassen, als bis zum Rand der Bühne. Das Publikum bleibt unberührt. Eine moderne Inszenierung, die von den Darstellern nicht getragen wird.
 

Bildnachweis: 
Martin Kaufhold
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